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Trappisten: Wenn ein a-dieu in Sicht ist ...

(a-dieu ist franzoesisch und bedeutet "Mit Gott").

Dieser Text wurde vor zwei Jahren von Pater Christian de Cherge, Prior von Notre Dame de l'Atlas, in einem geschlossenen Umschlag mit der Anmerkung "Wenn ein a-dieu in Sicht ist" bei seiner Familie hinterlegt. Am 24. Mai, nachdem die Angehoerigen von Pater de Cherge den Umschlag geoeffnet hatten, fanden sie, dass die Tragweite des Textes den familiaeren Rahmen uebersteigt. Sie erklaerten La Croix: "Wir verbieten es uns diesen Brief zu kommentieren, der wie uns scheint, durch sich selbst ausreichend und klar genug Zeugnis gibt vom Engagement der Moenche vom Atlas. Er wurde zwischen dem 01. Dezember 1993 und dem 01. Januar 1994 geschrieben, Daten im Rahmen des ersten Besuchs der GIA im Kloster."

Wenn es mir eines Tages passieren sollte - und es koennte heute sein - Opfer des Terrorismus zu werden, der wie es scheint jetzt alle Auslaender, die in Algerien leben, einengen will, moechte ich, dass sich meine Gemeinschaft, meine Kirche, meine Familie daran erinnert, dass mein Leben an Gott und an dieses Land GEGEBEN ist. Moegen sie akzeptieren, dass der einzigartige Meister allen Lebens bei diesem brutalen Abschied nicht fremd sein wird. Sie moegen fuer mich beten: Wie koennte ich eines solchen Opfers wuerdig sein?

Moegen sie diesen Tod vereinigen mit all den anderen ebenso gewalttaetigen, die in der Gleichgueltigkeit und Anonymitaet gelassen werden. Mein Leben ist nicht hoeher im Wert als ein anderes, es hat auch nicht weniger Wert. Jedenfalls hat es nicht die Unschuld der Kindheit. Ich habe lange genug gelebt, um mich als Komplize des Boesen zu wissen, das sich leider in der Welt durchsetzt und das mich selbst in Blindheit schlagen kann. Ich wuensche, wenn der Moment gekommen ist, den Zeitraum zu haben um die Verzeihung von Gott und die meiner Brueder in der Menschheit zu erbitten und gleichzeitig dem zu verzeihen, der mich angreifen wird. Ich moechte einen solchen Tod nicht wuenschen. Es scheint mir wichtig, das zu bekennen. Ich sehe wirklich nicht, wie ich mich darueber freuen koennte, wenn dieses Volk, das ich liebe, unterschiedslos meiner Ermordung angeklagt wuerde. Das, was man vielleicht die "Gnade des Martyriums" nennen wird, ist zu teuer zu bezahlen, als dass man es einem Algerier anlastet, welchem auch immer; vor allem, wenn er sagt, in der Treue dessen, was er glaubt der Islam zu sein, zu handeln.

>Ich weiss um die Verachtung, mit der man im allgemeinen die Algerier behandelt. Ich weiss auch um die Karikaturen des Islam, welche einen gewissen Islamismus ermutigen. Es ist zu leicht, sich ein gutes Gewissen zu geben, indem man diesen religioesen Weg mit dem Fundamentalismus seiner Extremisten identifiziert. Algerien und der Islam sind fuer mich etwas anderes: Sie sind Koerper und Seele. Ich habe es oft genug verkuendet, glaube ich, was ich durch Sehen und Wissen empfangen habe: wie oft ich den geraden Leitfaden des Evangeliums gefunden habe, den ich auf den Knien meiner Mutter gelernt hatte, meiner ersten Kirche, genau gesagt in Algerien, und schon im Respekt der muslimischen Glaeubigen. Mein Tod wird sicher denen scheinbar Recht geben wollen, die mich als naiv oder Idealist behandelt haben: "Sie moegen jetzt sagen, was sie davon denken!"

Aber sie sollen wissen, dass endlich meine quaelende Neugier befreit ist. Dann werde ich, wenn es Gott gefaellt, meinen Blick in den des Vaters versenken, mit Ihm seine Kinder im Islam betrachten, so wie Er sie sieht, ganz erleuchtet von der Herrlichkeit Christi, Frucht Seiner Passion, ausgezeichnet durch die Gabe des Heiligen Geistes, dessen geheime Freude es immer sein wird, die Gemeinschaft aufzubauen und mit den Differenzen spielend, die Aehnlichkeit wiederherzustellen.

Dieses verlorene Leben ist ganz das meine und ganz das ihre. Ich danke Gott, der dieses Leben ganz und gar fuer diese FREUDE gewollt zu haben scheint, trotz und gegen alles. In diesem DANK ist alles ueber mein Leben von jetzt an gesagt.

Ich schliesse Euch natuerlich ein, Freunde von gestern und von heute und euch Freunde von hier, an den Seiten meiner Mutter und meines Vaters, meiner Schwestern und meiner Brueder und der ihren. Das Hundertfache (sei euch) gewaehrt, wie es versprochen ward! Und auch dich, Freund des letzten Augenblicks, der du nicht wissen wirst, was du tust. Ja, auch fuer dich will ich dieses DANKE und dieses A-DIEU, vorgesehen von Dir. Wenn es uns gegeben sein soll, werden wir uns als glueckliche Schaecher im Paradies wiederfinden, wenn es Gott gefaellt, unser beider Vater. Amen, Insch'Allah!

Algier, 01. Dezember 1993 Tibhirine, 01. Januar 1994

Christian

Quelle: La Croix, 29.Mai 1996
Uebersetzung: Schwester Monika Weber
Ueberarbeitung: Thomas Lemmen


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